Grosser Bahnhof für einen kleinen Bus – im Juli präsentierten das Neuhauser Unternehmen Trapeze und die Verkehrsbetriebe Schaffhausen (VBSH) ihren selbstfahrenden Bus namens «Trapizio» auf dem SIG-Areal in Neuhausen am Rheinfall. Ein Ort, der über eine lange Tradition in der Mobilitätsgeschichte verfügt.
Im Jahre 1853 gründeten Friedrich Peyer im Hof, Conrad Neher und Heinrich Moser die Schweizerische Waggon-Fabrik, welche später als Schweizerische Industrie-Gesellschaft (SIG) weltweit bekannt wurde. Ihr Ziel: Bahnwagen für die aufkommenden Eisenbahngesellschaften zu bauen. Und die SIG hatte Erfolg damit: Tausende von Waggons verliessen die Werke über dem Rheinfall – der 25tausendste im Jahre 1969.
Ihre Drehgelenkwagen setzten einen neuen Standard im Waggonbau, und auch sonst zeigte sich das Neuhauser Unternehmen von seiner innovativen Seite: Bereits 1933 produzierte es Elektrofahrzeuge für den Warentransport in ihren riesigen Hallen, baute Trams oder Luftseilbahnen. Noch 1998 gewann die SIG – deren Rollmaterialsparte damals bereits Teil eines Joint Ventures mit Fiat war – den internationalen Wettbewerb für die SBB-Neigezüge. 2000 übernahm dann Alstom die SIG-Anteile und stellte fünf Jahre darauf die Drehgestell-Produktion für Eisenbahnkompositionen auf dem SIG-Areal ein.
Doch an der Zukunft des öffentlichen Verkehrs wurde und wird auch nach dem Niedergang der Waggonherstellung auf dem SIG-Areal weitergeschrieben. Der Leitsystemlieferant Trapeze entwickelt dort seit mehreren Jahren unter anderem Betriebs- und Leitsysteme für Bus und Bahn und will nun auf dem SIG-Areal ein Kompetenzzentrum für intelligente Mobilität aufbauen. Dafür gründete Trapeze ihr Start-up AMoTech.
Seit Sommer arbeitet es daran, den selbstfahrenden Bus in das Leitsystem der VBSH zu integrieren. Ein Unterfangen, das weltweit einzigartig ist. Dabei soll im Kanton Schaffhausen eine neuartige Branchenlösung für den öffentlichen Verkehr entwickelt werden. Nach Testphasen mit einer Begleitperson an Bord, die den Bus jederzeit mit einem Controller steuern kann, wird er zu einem späteren Zeitpunkt komplett autonom durch das Neuhauser Zentrum und hinunter zum Rheinfall fahren.
Doch was, wenn ein Hindernis den Weg versperrt oder eine Person im Bus Hilfe braucht? Wie kommuniziere ich als Gast mit einem Bus ohne Fahrer? Diese Fragen stehen in den nächsten Monaten im Zentrum der Versuche. Dabei wird nicht einfach im Labor, sondern unter realen Bedingungen getestet. «Anwendungsregion» ist das Schlagwort, das die Wirtschaftsförderung in diesem Zusammenhang verwendet.
Der Standort Schaffhausen will Entwicklern die Möglichkeit geben, ihre Ideen unter realen Bedingungen zu erproben und vorhandenes Know-how mit zukunftsweisenden Kompetenzen zu verknüpfen. Ziel ist es, dass sich in den nächsten Jahren weitere Unternehmen rund um das «mobility lab» in Neuhausen niederlassen, um dort im Bereich der autonomen und intelligenten Mobilität neue Projekte zu erarbeiten – und gemeinsam Lösungen für den öffentlichen sowie privaten Verkehr zu entwickeln und umzusetzen.
Autonome Fahrzeuge werden in Zukunft bislang nicht erschlossene oder unrentable Strecken an den öffentlichen Verkehr anbinden. Das Ziel des Testbetriebes in Neuhausen ist letztlich die Schaffung einer Rheinfalllinie, welche das Neuhauser Zentrum mit dem Rheinfall verbindet. Dank der Einbindung in das Leitsystem der VBSH wird der Bus zu einem vollwertigen Teil des öffentlichen Verkehrs.
Christoph Schärrer
Delegierter für Wirtschaftsförderung Kanton Schaffhausen
Illustration «Verkehrsbetriebe Schaffhausen fahren autonom»64.91 kB
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