Schaufenster der Elektromobilität
Anders als andere Städte hat Schaffhausen nicht auf eine Pilotlinie mit Elektrobussen gesetzt, sondern die Umstellung der gesamten Stadtbusflotte innerhalb von zehn Jahren beschlossen. Wir haben mit Daniel Preisig, Präsident der Verwaltungskommission, und vbsh-Geschäftsführer Bruno Schwager gesprochen und wollten wissen, warum gerade Schaffhausen die erste Stadt sein soll, die vollständig auf Elektrobusse umstellt.
Schaffhausen ist die erste Schweizer Stadt, die ihr Stadtbussystem vollständig auf Elektrobusse umstellt. Warum gerade Schaffhausen?
Daniel Preisig: «Blos e chlini Stadt», so besingt der leider verstorbene Dieter Wiesmann unsere schöne Stadt. Mit dem Elektrobusprojekt müssen wir uns aber nicht verstecken und bescheiden: Wir sind viel mehr als «blos e chlini Stadt».
Bruno Schwager: Als wir das Projekt 2016 starteten, haben uns viele belächelt. Heute nehmen uns die anderen Städte zum Vorbild. Die Bahnhofstrasse ist mit ihren zwölf Ladearmen einzigartig in der Schweiz und in Europa: ein Schaufenster der Elektromobilität.
Was macht Schaffhausen anders als andere Städte?
Daniel Preisig: Wichtig ist, dass den Verkehrsbetrieben der Auftrag für die Umstellung nicht von der Politik aufgedrückt wurde. Am Anfang des Schaffhauser Elektrobus- Projektes steht keine politische Ideologie. Im Gegenteil: Beim technischen Vergleich aller Antriebsarten haben wir mit unseren Ingenieuren festgestellt, dass sich die Stadt Schaffhausen ganz speziell für Elektrobusse mit Schnellladesystem eignet.
Warum?
Bruno Schwager: Das Schaffhauser Busnetz ist wie eine grosse 8 aufgebaut. Fast alle Buslinien kommen am Bahnhof vorbei und halten dort fahrplanmässig zum Umsteigen. Das macht es möglich, die Elektrobusse an einem zentralen Ort bei jedem Halt nachzuladen, nämlich am Bahnhof. In anderen Städten muss die Nachladeinfrastruktur an jeder Endhaltestelle verteilt aufgebaut werden, was viel teurer ist.
Warum setzen die vbsh auf Schnellladung und nicht alleine auf die Ladung im Depot?
Bruno Schwager: Das Schnellladesystem ermöglicht es, viel kleinere Batterien zu verwenden. Damit wird weniger Platz verbraucht und der Bus wird weniger schwer. Schliesslich wollen die vbsh Menschen transportieren und nicht Batterien im Kreis herum chauffieren.
Drei wichtige Meilensteine im Elektrobus-Projekt:
Über das Elektrobus-Projekt wurde 2019 abgestimmt, nachdem das Stadtparlament der Vorlage einstimmig zugestimmt hatte. Wie kam es dazu? Der Grosse Stadtrat ist ja nicht gerade für seine Harmonie bekannt.
Daniel Preisig: (lacht) Nein, eigentlich nicht. Die Beratung zum Elektrobus war wahrhaftig eine Sternstunde des Parlaments! Von der AL bis zur SVP, alle unterstützten die Vorlage. Die linke Ratsseite lobte die Umweltfreundlichkeit und die bürgerlichen Politiker überzeugte vor allem die Wirtschaftlichkeit des Projektes. Das Schaffhauser Elektrobus-Projekt macht ökonomisch und ökologisch Sinn. Das hat die Leute überzeugt.
Bruno Schwager: Elektrobusse sind ausserdem viel leiser und verschonen die Quartiere von Lärm und Abgasen.
Daniel Preisig: Und mit dem Strom vom Rheinkraftwerk fahren unsere Busse mit umweltfreundlicher Energie aus lokaler Wertschöpfung. So bleibt der ausgegebene Franken in Schaffhausen.
Andere Städte setzen auf eine Testlinie. Schaffhausen stellt gleich das ganze Stadtbusnetz um. Ist das nicht eine etwas riskante Strategie?
Daniel Preisig: Elektrobusse sind marktreif und aus technischer Sicht braucht es keine weiteren Pilotversuche. Viele Städte, die auf eine Pilotlinie setzen, tun dies aus rein politischen Gründen. Wer rechnet, der merkt, dass der Betrieb einer einzigen Linie kaum je wirtschaftlich sein kann. Wir wollten von Anfang an keine Symbolpolitik betreiben, sondern in ein sinnvolles Projekt investieren.
Wie unterscheidet sich die Einführung von Elektrobussen vom Kauf eines Dieselbusses?
Bruno Schwager: Früher haben die Verkehrsbetriebe bei der Bestellung eines Dieselbusses noch die Farbe der Haltestangen und des Bodenbelags sowie und das Muster der Sitzpolster ausgewählt, fertig. Bei einem Elektrobussystem ist der Elektrobus selbst nur ein Teil eines Gesamtsystems. Es braucht Ladeinfrastruktur, eine neue Werkstatt mit Dacharbeitsplätzen, Software und vieles mehr.
Daniel Preisig: Wir haben das Elektrobusprojekt von Anfang an als komplexes System verstanden und es auch so aufgesetzt. Bewährt hat sich vor allem das schrittweise Vorgehen mit zwei Vorserie-Bussen, die wir über die kalte Jahreszeit auf Herz und Nieren getestet haben. So konnten viele Verbesserungen in die Produktion der Serienbusse einfliessen.
Heute, knapp zwei Jahre nach der Volksabstimmung, sind immer mehr Elektrobusse auf den Schaffhauser Strassen zu sehen. Wie zufrieden sind Sie?
Bruno Schwager: Unser Projektteam unter der Leitung von Philipp Huber hat eine ausgezeichnete Arbeit geleistet. Das Projekt ist trotz der hohen Komplexität und der Corona-Krise terminund budgettreu auf Kurs. Dieser tolle Erfolg ist das Ergebnis aller Beteiligten. Dazu gehören auch SH POWER, Tiefbau Schaffhausen und zahlreiche Schaffhauser Unternehmen, die wir beauftragen durften. Ihnen allen gebührt ein grosses Dankeschön.
Daniel Preisig: Die Schaffhauser Stimmbevölkerung hat uns mit dem Ja zum Elektrobus-Projekt ihr Vertrauen geschenkt. Das verpflichtet und hat uns motiviert, unser Bestes zu geben. Heute sind wir stolz auf das Erreichte. Wir hoffen, dass die Schaffhauserinnen und Schaffhauser noch lange Freude haben werden an ihrem Elektrobus.